Hallo liebe Kenia-Begeisterte!
Ich bin Lisa, 20 Jahre alt und für einen dreimonatigen Aufenthalt im Maisha Mazuri Children Centre. Ich möchte meine freie Zeit nach dem Abitur nutzen, um etwas zu bewirken, mich weiterzuentwickeln und eine für mich absolut neue Welt kennen zu lernen. Somit habe ich mich für das MCC entschieden, um mein Wissen mit den Kids zu teilen, kreative und lehrreiche Projekte umzusetzen und zugleich selbst viel von den Menschen, der Kultur und einer ganz anderen Lebensweise zu lernen. Ich landete Mitte Januar in Nairobi und wurde direkt mit offenen Armen von Michael empfangen und zum MCC gebracht. Auf den Weg zum MCC bekam ich einen ersten Eindruck von dem Lebensstandard, den Menschen, den vielen kleinen Verkaufsständen an den Straßenrändern und, nicht zu vergessen, den belebten und ausbaufähigen Straßen Kenias. Das angenehm warme Wetter im Januar, mit 28 Grad und Sonnenschein, haben mich sehr begeistert und der afrikanische Flair hat mich sofort in seinem Bann gezogen. Im Maisha Mazuri Children Centre angekommen, haben mich alle Kinder herzlichst empfangen und versucht mein Gepäck, welches teilweise größer als die Kids selbst war, zu meinem Zimmer zu tragen. Auch die Mitarbeiter*innen haben mich mit offenen Armen willkommen geheißen und mir mit allem Nötigen geholfen. Die Kinder waren sehr neugierig, da meine Haut und mein Gesicht mit Sommersprossen übersäht ist und das für sie etwas Neues und Aufregendes war.
Leider wurde ich auf den Flug nach Nairobi sehr krank und musste die ersten Tage langsam angehen lassen. Alle Mitarbeiter*innen waren sehr hilfsbereit und haben sich um mich gesorgt. Auch beim Inhalieren leisteten mir die Kinder immer Gesellschaft und sorgten dafür, dass ich mich sehr schnell sehr wohl und aufgenommen gefühlt habe in ihrer kleinen Welt. Nach dem ich mich etwas eingelebt hatte, habe ich mit den Sozialarbeitern Marcy und Joseph einen ersten Stundenplan ausgearbeitet, der für die ersten zwei Wochen galt, in denen die Kinder noch Schulferien hatten und wir die Zeit sinnvoll nutzen konnten.
Wir setzten Computerprojekte um, indem wir bereits bestehendes Wissen über Hygiene und erste Hilfe in PowerPoint Präsentationen umwandelten und anschließend den anderen Kindern präsentierten. Somit konnten die Kinder einen ersten Umgang mit Microsoft Programmen erfahren und Präsentationstechniken erlernen.
Zudem habe ich mit den Kindern Zimtschnecken gebacken. Von der Herstellung bis zum Backen haben sie mich alle tatkräftig unterstützt und interessiert nachgefragt. Außerdem fanden wir auch einen Weg, ohne Küchenwaage und ohne Handrührgerät, die Zutaten abzumessen und so einen homogenen Teig herzustellen. Unser neues Wissen haben wir dann bei einer weiteren Runde Backen unter Beweis gestellt. Die Problematik war der Backofen, der leider nicht einwandfrei funktioniert.
Ein absolutes Highlight ist sowohl für die Praktikant*innen, als auch für die Kinder der Samstag. Hier wird nach dem Mittagessen alles für Chapati vorbereitet. Chapati ist eine Mischung aus Naan und Pfannkuchen. Der Teig besteht lediglich aus Wasser, Mehl und Salz, der mit vielen kräftigen Händen zu einem Teig verarbeitet und anschließend zu kleinen Fladen ausgerollt wird. Gebacken werden die Chapatis auf sogenannten Chapati-Grills. Diese kann man sich wie einen Grill mit Crêpeaufsatz vorstellen. Die Kinder backen mit ihren ganz eigenen Techniken die Chapatis in etwas Fett. Gemeinsam werden die fertigen Chapatis am Abend mit Eintopf oder Fleisch gegessen.
Nachdem die Kids mich oft nach meinem Lieblingsessen gefragt haben und ich immer sehr von Pasta geschwärmt habe, kochten wir gemeinsam knapp 8 kg Nudeln mit Tomatensauce. Es war leichter gedacht als getan die Massen an Zutaten und auch spezielle Zutaten zu besorgen, geschweige denn zu kochen. Es war für mich eine große Umstellung über dem Feuer zu kochen, die Temperatur zu halten und gleichzeitig drauf zu achten, dass nichts anbrennt. Julius, unser Koch, stand uns Gott sei Dank bei und so konnten wir sehr leckere Pasta kochen, die bei den Kindern sehr gut ankam. Der ein oder andere hat sogar sieben große Teller Nudeln verschlungen. Nur wenige Wochen später mussten wir nochmal Pasta kochen.
Nachdem dann „endlich“ die Schule wieder angefangen hat, änderte sich der aktuell gewohnte Alltag. Die Kinder verbringen den ganzen Tag in der Schule und kommen abends zurück, tauschen ihre Uniform gegen gemütliche Alltagsklamotten und erledigen nach dem Duschen und Abendessen ihre Hausaufgaben. Bei Schwächen oder Fragen unterstütze ich die Kinder. Nachdem ich das Schulsystem kennen gelernt habe, wurde mir bewusst wie privilegiert wir Europäer sind und was für eine gute Schulbildung wir genießen. Oftmals sind die Kinder in einer Klasse auf einem unterschiedlichen Bildungsniveau, sodass große Lücken entstehen, wie Leseschwäche, und Schwierigkeiten mit Schreiben oder Rechnen.
Die Kinder lehren mich auch viele Tätigkeiten in der Küche. Wie welche Gerichte zubereitet werden, wie man ohne den üblichen deutschen Haushaltsutensilien Teig oder dergleichen zubereitet und wie man am schnellsten die guten Bohnen und Linsen von Dreck, schlechten Früchten oder anderen Rückständen ausliest. Hier wird auch die Kleidung mit der Hand gewaschen und bei meinen ersten Versuchen erbarmten sich die Kinder und halfen mir zu waschen. Somit lernte ich auch Tricks wie auch der letzte Fleck aus dem T-Shirt verschwindet, genauso wie man die Kleidung vor dem Ausbleichen der Sonne schützt. Mittlerweile werde ich nicht mehr ausgelacht. Auch das Haarewaschen meiner langen Haare ist hier ein richtiges Event, bei dem alle Kids mithelfen. Wie sagt man so schön, viele Hände schnelles Ende? Ein weiteres Highlight war der Abend, an dem wir Stockbrot und Würstchen gegrillt haben. Wir haben ein großes Feuer gemacht, das Brot geröstet und zusammen mit den Würstchen verspeist.
Seitdem die Kinder wieder in der Schule sind, ist es hier sehr ruhig und es wird sich um Dinge rund ums MCC gekümmert, die manchmal hinten runterfallen. Zudem darf ich in der Küche helfen, mich um die Tiere kümmern, die Sozialarbeiter bei Hausbesuchen begleiten und auch die Kinder in der Schule besuchen. Zusätzlich zu den Familien der Kinder im MCC werden über 70 Familien aus der Community und in den Slums betreut. Diese werden regelmäßig besucht, um nach dem Rechten zu sehen und in Notlagen unter die Arme zu greifen. Mein erster Hausbesuch war sehr beeindruckend und gleichzeitig schockierend, da ich sowas bisher noch nie gesehen habe. Vielen Menschen mangelt es an den für uns selbstverständlichen Dingen, wie z. B. Wasser oder Lebensmitteln. Oftmals kümmern sich die Großeltern um die Waisenkinder, die aber selbst krank sind oder nicht arbeiten können. Wenn dann noch die Regenzeit wegfällt, haben die Menschen hier in Kenia kaum Möglichkeiten, sich selbst und ihre Familie zu versorgen. Beispielsweise werden Hühner verkauft, um eine Fahrt zum Doktor zu finanzieren oder etwas zu Essen für die Kinder zu kaufen. Trotzdem versuchen sich die Menschen mit verschiedensten Maßnahmen über Wasser zu halten, wie z. B. Steine zerhauen, für neue Bauten und Stricke knüpfen. Das MCC bzw. die gesamte Organisation betreut über 100 Familien und hilft diesen in ihren Nöten oder sorgt im Ernstfall für Essen. Gleichzeitig wird Kindern aus sehr schlimmen Verhältnissen im MCC ein Platz angeboten und zugleich der Bildungsweg bis in eine Ausbildungsschule oder sogar in ein College/Universität finanzieren, sodass die Kinder später ihre Familien selbst versorgen und unterstützen können. Ein weiteres großes Problem für viele Menschen und Familien hier ist, dass es nicht, wie wir es aus Deutschland kennen, Sozialhilfen gibt. Es steht für gewisse Altersgruppen und Kinder ein gewisses Budget für Essen oder Bildung zur Verfügung, allerdings erfordert es viel Papierkram, um diese Gelder zu beantragen. Zudem herrscht in Kenia sehr viel Korruption, sodass die Gelder auf dem Mittelweg oft verschwinden.
Der Gründer Jimmy leitet nicht nur das Projekt MCC, sondern auch viele weitere, wie das Skillscenter oder unterstützt Familien in den Slums von Nairobi. Kinder, die eher praktisch veranlagt sind, haben im Skillscenter die Möglichkeit zwischen verschiedenen praktischen Ausbildungen wählen und können sich dort weiterentwickeln. Der Besuch in den Slums in Nairobi war ein sehr einprägsames und berührendes Erlebnis. Als deutscher privilegierter Mensch erlangt man oftmals über Bilder und Dokumentationen einen Eindruck, welche Armut und welches Elend vor Ort herrschen. Allerdings sind dies alles nur Bilder, die sehr weit weg sind und nicht annähernd die Situation und die Eindrücke vor Ort widerspiegeln. Es ist in Kenia ganz normal, dass eine alleinerziehende Mutter mit 5-10 Kindern auf wenigen Quadratmetern lebt, sodass Kinder sogar auf dem Boden oder unter dem Bett schlafen müssen.
Mit Hilfe von Spenden und den Geldern des Vereins wird den Kindern aus solchen Familien geholfen, eine Schulbildung zu genießen, um später ein besseres Leben zu führen und ihre eigene Familie zu unterstützen.
David, der zweite Volunteer, der aktuell für die Farm verantwortlich ist, organisierte uns einen Trip ins „World Agroforestry Center“. Hier konnten wir viel neues Wissen über Saaten, Bäume und Pflanzen erwerben, die sich besonders eignen auf unserer Farm angebaut zu werden und auch auf dem Gelände vom MCC. Zudem haben wir auch gelernt, dass viele der Samen langfristig archiviert und konserviert werden, sodass im Falle eines nuklearen Krieges oder auch durch die Schäden des Klimawandels, auch in Zukunft eine neue Besiedlung der Erde mit Pflanzen möglich ist. Zusammen mit David haben wir auf der Farm und auch auf dem MCC Gelände verschiedene Obstbäume gepflanzt, die in ein paar Jahren viele verschiedene Früchte bringen sollen. Die Kinder von der Primary School bis hin zu Senior Secondary School wurden miteingebunden und konnten von Davids Wissen profitieren und lernen, wie man Bäume richtig pflanzt, bewässert und pflegt.
Ein weiteres Projekt war den Kindertisch neu zu streichen, um ihn langfristig zu erhalten und gleichzeitig optisch aufzupeppen. Am Ende war nicht nur der Tisch farbenfroh angemalt, sondern auch die Kids hatten verschiedene Farben und auch die Klamotten wurden bunter. Zudem habe ich mich darum gekümmert, dass die vorhandenen Fahrräder, die leider alle kaputt waren, wieder in Schuss gebracht wurden. So können die Kinder jetzt wieder mit sieben Fahrrädern ums MCC sausen. Hier habe ich meine Spendengelder einsetzen können – an dieser Stelle herzlichen Dank an alle, die gespendet haben!
Von den vorherigen Praktikantinnen bekam ich einige Bilder zugeschickt, die ich ausdruckte und den Kindern mitbrachte. Mit den Bildern bastelten wir Namensschilder für die Zimmer der Kids. Es war eine große Freude, als die Kinder die Bilder von sich in der Hand hielten, da ausgedruckte Bilder hier sehr selten sind. Bei einer Movienight dürfen natürlich auch Popcorn nicht fehlen. So haben wir nach dem Abendessen drei Eimer voll Popcorn gemacht in süß und salzig, wobei die Kinder die salzigen Popcorn bevorzugen.
Im März kamen die neuen Volunteers Britta und Flo, die etliche moderne Schulutensilien wie Dokumentenkamera und Beamer mitbrachten. Gemeinsam haben wir diese noch in der Secondary School installiert und eine Bedienungsanleitung geschrieben. Somit profitieren Lehrer und Schüler hier von modernster Technik und können auch ihren Unterricht abwechslungsreich und kreativ gestalten. Seit zwei Tagen haben wir hin und wieder Stromausfall zur Hausaufgabenzeit und auch nachts. Mit Taschenlampen und Handylicht werden dann die Hausaufgaben erledigt und gelernter Stoff spielerisch wiederholt.
Viele Grüße aus Kenia
Lisa
PS: Falls ihr mehr über das Hand-in-Hand-für-Kenia-Projekt wissen wollt oder Videos und Bilder über das tägliche Leben meiner Volunteers-Zeit sehen möchtet, schaut doch mal bei Instagram handinhand4kenya vorbei.